Im Oktober 2018 startete Housing First Berlin als Modellprojekt und war damit eins der Ersten, das den Ansatz in Deutschland umsetzte. Wir waren von Anfang an überzeugt, dass Housing First eine große Chance bietet, um Wohnungslosigkeit nachhaltig zu beenden. Ob sich das Konzept in Berlin jedoch erfolgreich umsetzen lässt, wussten wir damals noch nicht. Rückblickend können wir klar sagen, wir haben in den letzten fünf Jahren viel erreicht. Das haben wir gemeinsam mit unseren Teilnehmenden im kleinen Kreis bei einem Gartenfest gefeiert.
Statt hohem Besuch, Presserummel und festlichen Reden war es uns wichtig, das Jubiläum den Menschen zu widmen, um die es bei Housing First Berlin geht – unseren Teilnehmenden. Auf dem Gelände der Berliner Stadtmission haben wir bei Leckereien und netten Gesprächen einen tollen Nachmittag verbracht.
Housing First bietet mehr als nur eine Wohnung
In den letzten fünf Jahren haben 62 ehemals obdach- und wohnungslose Menschen durch Housing First Berlin wieder ein festes Zuhause gefunden. Sie leben in ganz Berlin verteilt in ihren eigenen vier Wänden und mit einem unbefristeten Mietvertrag. Acht weitere Personen sind aktuell im Programm aufgenommen und werden in den nächsten Wochen in ihre Wohnungen ziehen. Doch nicht nur die Zahl der Teilnehmenden ist in den fünf Jahren gewachsen. Mittlerweile sind wir ein 12-köpfiges, multiprofessionelles Team aus Sozialarbeiter*innen, Peers, einer Psychologin, der Leitung und dem Wohnraumscout. An zwei Standorten werden von uns aktuell 50 Personen unterstützt und begleitet, teilweise sehr intensiv und schon über einen längeren Zeitraum. Es freut uns besonders, dass es vielen von ihnen gelingt, neben der Wohnsituation weitere Aspekte in ihrem Leben anzugehen, die sie verändern wollen. Das kann die Kontaktaufnahme zu Familienmitgliedern, dringend benötigte medizinische Behandlungen, die Suche nach Arbeit oder der Beginn einer Therapie sein. Die Wünsche und Sorgen unserer Teilnehmenden sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst.
Stark vernetzt und voller Tatendrang
Auch auf fachlicher, politischer und gesellschaftlicher Ebene konnten wir viel erreichen. Wir haben uns in Berlin und weit darüber hinaus vernetzt und uns auf allen Ebenen für eine flächendeckende Umsetzung des Prinzips Housing First eingesetzt. Weil wir davon überzeugt sind, dass wir nur durch Zusammenarbeit und Kooperation langfristig etwas verändern können, sind wir auf Bundes- und internationaler Ebene aktiv und stehen im regelmäßigen Austausch mit anderen Housing First Projekten sowie weiteren Schnittstellen. Vor einem Jahr haben wir aktiv bei der Gründung des Bundesverbandes Housing First mitgewirkt und nehmen derzeit an einem europäischen Housing First Austausch-Projekt von Erasmus teil. Wir sind in den letzten fünf Jahren außerdem mit vielen Politker*innen auf Bundes- und Landesebene ins Gespräch gegangen, um sie davon zu überzeugen, dass Housing First ein wichtiges Mittel bei der geplanten Beendigung von Wohnungslosigkeit bis 2030 ist.
Nach fünf Jahren sind wir aber noch lang nicht am Ziel! Uns erreichen immer noch viel mehr Anfragen, als wir Personen ins Programm aufnehmen können. Unser größter Wunsch für die nächsten fünf Jahre? Dass wir keine langen Wartelisten mehr führen müssen. Das geht nur, wenn Housing First Berlin weiter ausgebaut wird. Dafür braucht es allem voran eine passende Finanzierungsform und die Etablierung ins Regelhilfesystem, aber auch den Abbau von Hürden im Gesundheitssystem und ausreichend Zugang zu bezahlbarem Wohnraum.
Es gibt also noch viel zutun – machen wir uns gemeinsam an die Arbeit!